Für die Suppe schnell ein paar Kräuter pflücken? Fürs Abendbrot ein paar frische Sprossen oder knackige Salatblätter? Was für Gartenbesitzer über die Sommermonate selbstverständlich ist, kann dank den Brüdern Daniel und Florian Bosman für jeden jederzeit Realität sein – auch im Winter und auch in der Großstadtwohnung. Mit dem Raumgarten hat ihr Unternehmen Our Greenery ein weltweit einzigartiges Konzept fürs Indoor-Farming entwickelt.
Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein moderner, beleuchteter Küchenschrank. Was innen drin steckt, ist aber deutlich komplexer. Der Raumgarten, den Daniel gemeinsam mit seinem Bruder Florian entworfen hat, ermöglicht die komplette Eigenproduktion von bis zu sieben Kilogramm Lebensmitteln pro Monat in der heimischen Küche. Dafür stehen drei Schubladen mit 60 Anbauplätzen – quasi als Beete – bereit, die automatisch mit Licht, Wasser und Dünger versorgt werden. Die Pflanzen, die hier wachsen, erhalten konstant die idealen Bedingungen, die via App angepasst werden können. Möglich sei alles: „Oben Schweden, unten Italien“, gibt Bosman als Beispiel. Damit meint er Lichtintensität und Wasserzufuhr. Rucola etwa wachse anders und schmecke schärfer, wenn er weniger gegossen wird, erzählt er.
Sein beruflicher Weg führte Daniel Bosman um die halbe Welt, sein Unternehmertum war immer mit dabei. Geboren und aufgewachsen ist er in Berlin. Nachdem er eine kaufmännische Ausbildung im KaDeWe abgeschlossen und kurz BWL studiert hatte, zog es ihn in die Ferne: Nach Australien. Dort arbeitete er auf Farmen und gründete mit 21 Jahren sein erstes Unternehmen in der Baubranche. Einige Jahre später landete er in Taiwan, studierte Sinologie und entwickelte und produzierte Surfboards. Kreativität ist Bestandteil seines Seins: „Ich denke mir gern neue Produkte aus“, sagt er über sich. Zurück in Deutschland eröffnete er ein Restaurant in Berlin und gründete eine Agentur für Produktdesign. Sein hoher Output bescherte ihm zwischenzeitlich sechs Unternehmen gleichzeitig. Seit der Gründung von Our Greenery im März 2021 gibt es für ihn nur noch eins. Er brennt für seine Idee und will möglichst viele Menschen damit erreichen.
Bosman geht es mit seiner Erfindung vor allem um Qualität und Nachhaltigkeit. „Klasse statt Masse“, betont er. Frische Lebensmittel im Supermarkt hätten bereits 70 bis 90 Prozent ihrer Nährwerte verloren, erklärt er. Ernten, reinigen, verpacken, transportieren – Obst und Gemüse legen oft Tage und tausende Kilometer zurück, bevor sie auf unseren Tellern landen. Dass der eigene Anbau klimafreundlicher und gesünder ist, weiß im Grunde jeder; doch nicht jeder hat einen Garten hinterm Haus oder einen grünen Daumen. Mit dem Raumgarten steht allen Menschen eine Möglichkeit zur Verfügung, einfach, platzsparend und kontrolliert Nahrung anzubauen und frisch zu ernten, kurz bevor sie gegessen wird. „Jedes Kind kann ihn bedienen“, erklärt Bosman. Für die Anbauplätze bietet Our Greenery passende „Plugs“ an, die einen Nährboden auf Kokosbasis und die gewünschten Samen enthalten und nur eingesetzt werden müssen. 30 verschiedene Sorten gibt es bereits, darunter beliebte Klassiker wie Rucola und Basilikum, aber auch Microgreens und essbare Blüten.
Aktuell arbeitet das bereits auf zehn Mitarbeiter angewachsene Team die ersten 80 Vorbestellungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ab. Die Kunden sind etwa zur Hälfte Privathaushalte und zur Hälfte Unternehmen, die ihrer Belegschaft frische, gesunde Snacks bieten wollen. Knapp 3.000 Euro kostet der Raumgarten, aber „er amortisiert sich nach fünf Jahren, wenn man Salate anbaut“, weiß Daniel Bosmann, sogar nach zwei Jahren, wenn „überwiegend exotische Sorten“ genutzt werden. Von der einmaligen Idee hat sich auch die Bürgschaftsbank Brandenburg überzeugen lassen und unterstützt den Gründer.
Fotos: Our Greenery